Morgen: Besitz verpflichtet

Die Geschäftsstelle des BWV heute

Johann Wolfgang von Goethe wird das geflügelte Wort zugesprochen: „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.“ Das beschreibt die Situation des Bau- und WohnungsVereins Stuttgart sehr gut und auch den Anspruch, den der Verein an sich selber stellt. Die historischen Gebäude sind ein reiches Erbe, machen aber auch viel Arbeit. Und nicht nur das: Das ideelle Erbe, das der Verein von seinem Gründungsvater Eduard Pfeiffer mit auf den Weg bekommen hat, muss auf moderne Lebenswirklichkeiten übertragen werden – ebenso wie die Grundrisse und die technische Ausstattung der alten Häuser.

Einen Teil der Sanierungen, Reparaturen und Bauarbeiten führt in Ostheim der vereinseigene Bauhof durch. Gegründet wurde er 1947, damals vor allem, um Kriegsschäden zu beseitigen. Heute beschäftigt der Bauhof 19 Mitarbeiter. Vor einigen Jahren ist er aus Ostheim in einen Neubau in der Ulmer Straße 160 in Stuttgart-Wangen gezogen.

Wer sich daran macht, alte Häuser wie die in Ostheim zu sanieren, muss oft erfinderisch sein und Liebe zum Detail entwickeln: Die Gebäude sind einfach nicht für moderne Bautechnik ausgelegt. Beispielsweise würde Betonestrich, wie er bei Neubauten zum Einsatz kommt, in den kleinen Häusern zu viel der Bodentiefe wegnehmen. Der BWV verwendet deswegen hochwertigen Gussasphalt als Unterschicht für den Fußbodenbelag. Dieser ist nicht dicker als drei Zentimeter, hat dabei aber eine sehr gute Wärmedämmung und vermindert den Trittschall.

In Ostheim findet Altes und Neues in vielfacher Hinsicht gut zusammen. Viele der Wohnungen hinter den historischen Fassaden sind modern, mit angepassten Grundrissen, Balkonen und zeitgemäßer Dämm- und Heiztechnik. Viele Mieter leben schon sehr lange hier, eine gewachsene soziale Gemeinschaft. Inzwischen ziehen auch häufiger neue Parteien zu, junge Familien entdecken das Viertel für sich.

Das gesunde Gleichgewicht aus alt und neu zu erhalten, das ist die Herausforderung für die Planer von Ostheim.

Der Vorstand des Bau- und WohnungsVereins Stuttgart

Thomas Wolf
Ernst Wuchner*

* ehemaliger Vorstand

Jürgen Oelschläger

Die Planer

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Die Sanierer

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Das Mehrgenerationenkonzept Wohnen in Ostheim

Rosa Vollmer

Quartiersmanagerin

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Sozialer Wohnungsbau – seit den 1960er Jahren und für lange Zeit bedeutete das vor allem, günstig viele Wohnungen zu bauen. Heute stehen Stadtplaner vor anderen Herausforderungen: Wohnquartiere müssen sich darauf einrichten, dass mehr alte Menschen lange und selbstbestimmt in ihren Wohnungen leben wollen. Und nicht nur das letzte Lebensdrittel der Menschen hat sich geändert: Junge Eltern stehen oft in der Doppelbelastung zwischen Beruf und Familie.

Dabei können sich die Generationen gegenseitig stützen. Das Viertel zwischen Raitelbergstraße und Alfredstraße ist daher auf die Bedürfnisse sowohl junger als auch alter Menschen zugeschnitten. Die Kita St. Josef befindet sich im Zentrum der Anlage, zu ihr gehört ein geräumiger Spielplatz im Hinterhof des Karrees. Für die älteren Mieter ist Anna Haag Mobil vor Ort: Der Sozialdienstleister unterstützt im Haushalt und bietet ambulante Betreuung an.

Das soziale Zentrum vom Mehrgenerationenkonzept Wohnen in Ostheim ist das Wohncafé im Erdgeschoss der Rotenbergstraße 110. In dem großzügigen Raum stehen Tischgruppen, vor dem Fenster liegt Spielzeug für die Kinder. Die Bewohner treffen sich hier zum Mittagessen, auf Kaffee und Kuchen, zu Informationsveranstaltungen oder um die nachbarschaftliche Hilfe zu organisieren.

Als der BWV 2009 mit den Arbeiten für das neue Quartier begann, waren von den neun alten Häusern auf dem Areal sieben so baufällig, dass sie abgerissen werden mussten. An ihrer Stelle entstanden sechs neue Häuser. Zwei Gebäude aus der Gründerzeit konnten erhalten und neubaugleich saniert werden. Auf insgesamt 11.300 qm Wohnfläche verteilen sich heute 136 moderne Wohnungen. Darunter befinden sich kleine Ein-Zimmer-Appartements mit 37 qm, die sich auch alleinstehende Senioren mit schmalen Renten leisten können, ebenso wie geräumige Fünf-Zimmer-Wohnungen mit 127 qm für Familien. 59 Wohnungen sind barrierefrei. Da sich die Neubauten in der Fassadengestaltung an den prägnanten historischen Gebäuden orientieren, blieb der besondere Charme des alten Viertels erhalten.

Das Projekt ist in Zusammenarbeit mit dem Verein Integrative Wohnformen e.V. entstanden, den der Verein gemeinsam mit zwölf weiteren Stuttgarter Wohnungsunternehmen im Frühjahr 2009 gründete.

Claus Fischer

Architekt, Technischer Leiter beim BWV

„Für die Wohnungen in Ostheim können Mieter Wohngeld über das Sozialamt beantragen. Für soziale Wohnungen haben wir bei den Neubauten eine hohe Qualität. Wir sind als Verein nicht in erster Linie dem Gewinn verpflichtet, deswegen können wir nachhaltiger planen und bessere Materialien einsetzen, die einfach länger halten. Beispiel Parkett: PVC müsste man nach 10 Jahren raus reißen, Parkett hält wesentlich länger.“

Jochen Müller

Architekt beim BWV

„Das Gebäude auf der Rotenbergstraße 112 – 116 war nicht denkmalgeschützt, wir hätten es also auch abreißen können. Wahrscheinlich wäre das für uns günstiger gewesen. Aber es war sehr wichtig, das Gebäude zu erhalten. Die alten Fassaden geben dem Quartier ihren Charakter. Es braucht das Alte, damit das Neue dazu passt.“

Hartmut Hörmann

Architekt beim BWV

„Wir haben in der Rotenbergstraße 112 – 116 die Wände innen gedämmt, um die historische Fassade zu erhalten. Vor ein paar Jahren hat noch jeder Architekt im Studium gelernt, dass das nicht geht. Die Firma Sto hat das in einem Pilotprojekt umgesetzt: Vier Jahre hat sie dafür in einem der Räume Messungen durchgeführt und verschiedene Wetterbedingungen simuliert. Am Ende sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden.“